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Bericht aus dem Gemeinderat | JANUAR 2023
Nicht alle Haushalte kommen gut oder gar völlig unbeschadet durch Krisenzeiten, weder private noch öffentliche. Weshalb sich immer die Bildung von Rücklagen empfiehlt. Wie wichtig diese sein können, zeigte der nun im Gemeinderat von Bürgermeister Hakan Günes und Kämmerer Kevin Weirether präsentierte, von den Gemeinderatsmitgliedern debattierte und schlussendlich zur Abstimmung gestellte Gemeindehaushalt für das Jahr 2023.
Bevor der Zweitgenannte die einzelnen Haushaltszahlen erläuterte, hielt der Erstgenannte fest, dass „jeder Haushalt seine eigene Handschrift trage“. Vergleiche man nun die Handschrift des diesjährigen Haushaltes mit derjenigen der letzten Jahre, so müsse man leider folgendes festhalten: „Seit Beginn der Pandemie müssen die kommunalen Haushalte leider immer mehr mit großen Unabwägbarkeiten aufgestellt werden."
Während der Haushaltsplan des Jahres 2022 noch mit Unabwägbarkeiten aus der Corona-Pandemie geplant worden sei, habe man es in diesem Jahr höchstens noch mit „Nachwehen“ der Pandemie zu tun. Auch, wenn aktuell wieder weitestgehend die Normalität zurückgekehrt sei, seien „höherrangige politische Entscheidungen im Hinblick auf coronabedingte Restriktionen nicht ausgeschlossen“. Folglich bleibe die Entwicklung nicht einschätzbar.
Allerdings sollte nicht nur das Coronageschehen in dieser Welt unabwägbar bleiben. Denn, wenn das Jahr 2022 eines gelehrt habe, dann das, dass es noch eine Steigerung der Unabwägbarkeiten im Weltgeschehen geben werde. Seit Ende Februar herrsche nämlich Krieg in Europa, herrsche Krieg in der Ukraine. Eine Situation, mit der niemand auch nur ansatzweise beim Beschluss des vergangenen Haushaltsjahres gerechnet habe.
Während im Januar 2022 die Parteien unserer Bundesrepublik noch darum gestritten hätten, wann und wo welche Art von Test im Hinblick auf Corona durchgeführt werden müsse und wie viele Menschen sich privat treffen dürften, stritten unsere Entscheidungsträger im Bund nun um die Anzahl der Kampfpanzer, die in die Ukraine geschickt werden sollten.
Mit diesem Szenario, hob das Gemeindeoberhaupt hervor, habe er niemals gerechnet, „gerade als Kind der neunziger Jahre, das in Frieden aufwachsen durfte“. Doch die Zeiten hätten sich geändert, nicht nur weltpolitisch. Denn auch kommunalpolitisch habe man sich der neuen Herausforderungen annehmen, Projekte neudenken und diese auch priorisieren müssen.
Die Folgen der Ukraine-Krise seien im Jahr 2022 die ganz großen Herausforderungen gewesen und würden es im Jahr 2023 wohl weiterhin sein, sofern nichts Unvorhersehbares geschehe. „Im Jahre 2022“, blickte Hakan Günes zurück, „haben wir innerhalb von knapp neun Monaten gut 120 geflüchteten Menschen ein neues zuhause bieten können.“
Erreicht habe man dies einerseits durch die Bereitschaft unserer Mitbürgerschaft, die privat einen großen persönlichen humanitären Akt geleistet hätten. Und andererseits dadurch, dass die Mitbürgerschaft das Angebot der „Wohnraumoffensive“ wahrgenommen und der Gemeindeverwaltung Wohnraum angeboten, um hier geflüchteten Menschen eine Unterkunft bieten können.
„Der Aufruf unserer Gemeindeverwaltung Wohnraum zur Verfügung zu stellen war und ist ein voller Erfolg“, freute sich der Rathauschef. Hierfür und auch für die Unterstützung durch den ökumenischen Helferkreis wolle er sich denn auch ganz herzlich bedanken. Nur dank einer solch engagierten und hilfsbereiten Bürgerschaft habe die gesamte Bundesrepublik die aktuelle Situation der Flüchtenden bisher meistern können.
Weshalb er folgendes Fazit zog: „Seit der Ukraine-Krise wurde unsere christliche Nächstenliebe in einer Intensität wohl vorgelebt wie schon lange nicht mehr.“ Für 2023 rechnet er damit, dass die Personenanzahl der aufzunehmenden Flüchtenden nicht geringer werde. Zwar würden die Menschen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes in die Kommunen gewiesen. Jedoch sei die entsprechende Infrastruktur vor allem im Hinblick auf den Wohnraum und die Kinderbetreuung nicht von heute auf morgen zu erschaffen.
Dies habe auch der Gemeindetag Baden-Württemberg erkannt und dementsprechende Konsequenzen gefordert. Als weitere Folge der Ukraine-Konfliktes nannte der Bürgermeister die damit einhergehende Energiekrise. „Niemals“, sagte er hierzu, „hätten wir es uns erträumen können; in einem Wohlstandsland wie Deutschland im Winter darauf achten zu müssen, wie und wieviel wir im Winter heizen.“
Die Ermittlung von Einsparpotentialen habe die Gemeindeverwaltungen der Bundesrepublik jedenfalls vor große Herausforderungen gestellt. Sprich: „Hier mussten weitreichende Entscheidungen getroffen werden, Hallenbadtemperaturen, Temperaturen in Sporthallen, Schulen und Rathaus wurden kritisch beäugt und entsprechend durch die Kommunen und den Bund geregelt.“
Und doch dürften neben all den gravierenden Folgen des Ukraine-Konfliktes und des damit einhergehenden Weltgeschehens die eigentlichen Aufgaben unserer Gemeinde für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht in den Hintergrund geraten und müssten ebenfalls bearbeitet und nachhaltig weiterentwickelt werden. Im Detail eingehen wolle er in dieser Hinsicht auf sechs Punkte.
Erstens würde auch in diesem Jahr ein großer Teil des Haushaltsvolumens für die Jüngsten aufgewendet: „Wir investieren in diesem Jahr rund 27 Prozent unseres Haushaltsvolumens in unsere jüngsten und jüngeren Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie deren Erziehung und Bildung.“ Nirgends sei das Geld besser investiert als in unsere Kinder.
Dies treffe auch auf die Umsetzung des Ganztagesanspruchs zu sowie die Sanierung des alten Schulhauses der Grundschule. Zweitens solle der Fokus verstärkt auf die gewünschte nachhaltige Entwicklung des Ortskerns und dessen Attraktivierung gelegt werden. Noch in diesem Jahr werde das Sanierungsgebiet angegangen und mit dem Abriss des ehemaligen Fahrrad-Schneider Geländes in der Hauptstraße 91 ein erster Schritt gemacht.
Die Frage nach der Entwicklung des Dorfschänke-Areals werde die Kommunalpolitik in diesem Jahr ebenfalls intensiv beschäftigen. Hierbei stehe der Umweltschutz stark im Fokus: Sprich: die Frage nach umweltschützenden Maßnahmen wie etwa Baumpflanzungen, Erzeugung von Kaltluftschneisen, Installierung von Photovoltaik auf gemeindeeigenen Dächern und Rückbau gemeindeeigener Schotterflächen.
An dritter Stelle nannte Hakan Günes die Sanierung und Weiterentwicklung der Turn- und Festhalle zu einem „Sport- und Kulturzentrum“. Hierfür habe die Gemeindeverwaltung die Bundestagsabgeordneten „jeglicher Farben" in Berlin mit erarbeiteten Projektskizze überzeugen und einen Zuschuss von 5,5 Millionen Euro generieren können.
Viertens stehe für ihn außer Frage, dass infrastrukturell an der Eigenkontrollverordnung festgehalten werde und Schritt für Schritt die Straßen wie in der Vergangenheit auch saniert würden samt regelmäßiger Erneuerung der Wasser- und Abwasserkanäle. „Dies hat“, betonte der Bürgermeister, „für uns ebenfalls höchste Priorität, denn dies sind die Kernaufgaben einer Gemeindeverwaltung.“
Kernaufgabe Nummer fünf ist für ihn die Eintaktung der Sanierung kultureller, sozialer und sportlicher Liegenschaften. Hierbei werde es wichtig sein, die „Sanierung dieser Liegenschaften intelligent zu verteilen“. Sechstens gelte es, die Digitalisierung in diesem Jahr konsequent voranzutreiben, wobei die Gemeindeverwaltung drei Säulen bürgerfreundliche Internetseite mit Online-Services, flächendeckenden Breitbandausbau und die Digitalisierung der Verwaltung zu einer gelungenen Digitalisierung verfolgen werde.
Zum Schluss wolle er, erklärte Hakan Günes, „noch betonen, dass wir mit diesem Haushalt ein Novum erreichen, da wir einen Rekordhaushalt beraten“. Denn beim Gesamthaushaltsvolumen knacke man erstmals die 50 Millionen-Euro-Marke. Oder ganz genau: „Wir haben ein Gesamthaushaltsvolumen aus laufender Verwaltungstätigkeit sowie Investitionsauszahlungen in Höhe von 51 122 500 Euro.“
Dies hänge nicht etwa damit zusammen, dass Gemeinderat und Verwaltung den Gemeindehaushalt übermäßig strapazieren. Nein, auch weiterhin werde unterschieden zwischen notwendig, nützlich und wünschenswert. Gut hierzu passe die letzte Haushaltsrede von Bürgermeister Erich Bertsch im Jahre 2005, dessen Worte seiner Ansicht nach auch auf das Jahr 2023 anwendbar seien.
„Wir leben“, habe sein Amtsvorvorgänger erklärt, „heute in einer Umbruchzeit. Überall sind die Dinge im Fluss, viele alte Lösungen, Regelungen oder Institutionen führen nicht mehr weiter, neue hingegen haben sich noch nicht etabliert oder sind noch nicht gefunden. All diese Veränderungen in der Großwetterlage, mit denen wir es jetzt zu tun haben, betreffen auch oder gerade die Kommunen und wirken sich in vielfältiger Weise auf sie aus.“